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e:3.19 Konformität und Übereinstimmung – Erklärungen mit Risiken und Nebenwirkungen

Für Maschinen, Elektrogeräte und andere Produkte sind Konformitätserklärungen des Herstellers Teil des Produkts. Im baulichen Brandschutz ist die Übereinstimmungser­klärung jedem Fachmann ein Begriff. Zunehmend werden jedoch auch von Werkvertragsunternehmern in Bauprojekten derartige Erklärungen verlangt. Dieser Fokus zeigt auf, wann dies berechtigt ist und welche Risiken mit solchen Erklärungen verbunden sein können.

Um was geht es?

Unternehmer verpflichten sich in der Regel, ein Werk herzustellen, welches den geltenden Vorschriften und den vertraglichen Anforderungen entspricht. Entsprechend verlangen Besteller z.B. von Gebäudetechnik-Unternehmen manchmal, dass sie in einem separaten Dokument explizit die Konformität oder die Übereinstimmung ihrer Leistungen mit den geltenden Vorschriften bestätigen. Was liegt näher, als dieses Dokument als «Konformitätserklärung» oder «Übereinstimmungserklärung» zu bezeichnen? 

Was auf den ersten Blick naheliegend und auch eher harmlos klingt, ist erstens oftmals falsch und kann zweitens für alle Beteiligten mit Verwirrung, Rechtsunsicherheit und allenfalls sogar rechtlichen Risiken verbunden sein. Nicht zuletzt können diese Erklärungen für den Ersteller zu wesentlichen Zusatzkosten führen. 

Die Begriffe «Konformitätserklärung» und «Übereinstimmungserklärung» sind spezifische Rechtsbegriffe und sollten nur im gesetzlich vorgesehenen Anwendungsbereich verwendet werden.

Konformitätsnachweis und Konformitätserklärung

Die Ausdrücke im Zusammenhang mit dem Wort «Konformität» sind Rechtsbegriffe aus der Produktesicherheitsgesetzgebung. Den Konformitätsnachweis muss nur der erste Inverkehrbringer erbringen (Art. 17 und 18 des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse, THG). Wer ein erworbenes Produkt später (unverändert) einsetzt, kann sich darauf verlassen, dass einer seiner Vorgänger die Konformität nachgewiesen hat. Ein Unternehmer, welcher verschiedene Produkte einkauft und zu einem Werk zusammensetzt, ist daher nur dann zu einem eigenen Konformitätsnachweis verpflichtet, wenn er dadurch ein neues Produkt schafft. 

Wann und wie entsteht ein «neues Produkt»?

Die Beantwortung der Frage, ob der Zusammenbau von Produkten zu einem Gesamtwerk zu einem neuen Produkt führt, ist nicht immer einfach. 

Klar ist der Fall zunächst, wenn das erstellte Werk unbeweglich ist. Ein Produkt, welches im verwendungsbereiten Zustand nicht (mehr) beweglich ist, fällt nicht in den Geltungsbereich des PrSG. Für ein Bauwerk, aber z.B. auch für Wasserleitungen in einem Gebäude muss der Unternehmer keinen Konformitätsnachweis nach PrSG führen und keine Konformitätserklärung ausstellen. 

Klar ist der Fall auch dort, wo die Gesetzgebung explizit einen Konformitätsnachweis verlangt. Das ist z.B. der Fall, wenn ein Werk unter die Druckgeräteverordnung (DGV) respektive die EU-Druckgeräterichtlinie fällt. Hier muss der Unternehmer den Konformitätsnachweis führen und eine eigene Konformitätserklärung ausstellen.

Anspruchsvoll wird es hingegen beim anderweitigen Zusammenbau verschiedener Komponenten zu einer Anlage, beispielsweise zu einer Lüftungsanlage. 

Anlagen aus Maschinen, Geräten und anderen Komponenten

Erstellt ein Unternehmer eine Anlage aus verschiedenen eingekauften Bestandteilen, ist entscheidend, ob er damit eine sog. «Gesamtheit von Maschinen» schafft. Massgebend ist dabei nicht, was man sprachlich darunter verstehen kann, sondern wie die EU-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (MRL) diesen Begriff definiert:

  • Eine «Maschine» ist in der Maschinenrichtlinie als ein von einem Motor angetriebenes bewegliches Gerät definiert (Art. 2 Abs. 2 lit. a) MRL). 
  • Eine «Gesamtheit von Maschinen» ist gemäss MRL zunächst eine Kombination von mehreren Maschinen. Wer also eine Maschine mit unbeweglichen Teilen oder anderen «Nichtmaschinen» ergänzt (z.B. mit Rohrleitungen oder handbetriebenen Ventilen), schafft von vornherein keine Gesamtheit von Maschinen und muss daher für sein Werk auch keinen Konformitätsnachweis führen.
  • Die Kombination mehrerer Maschinen ist weiter nur dann eine «Gesamtheit von Maschinen», wenn zwischen den ihnen ein sicherheitstechnischer Zusammenhang vorliegt.

Ein solcher besteht, wenn durch das Zusammensetzen dieser Maschinen Verletzungsrisiken für Personen entstehen, welche mit der Anlage in Kontakt kommen. 

Bei den meisten Gebäudetechnikanlagen dürfte zwischen den einzelnen Komponenten kein derartiger sicherheitstechnischer Zusammenhang bestehen. Damit braucht es dort keinen Konformitätsnachweis und keine Konformitätserklärung des Werkunternehmers. Es genügen die Konformitätserklärungen der einzelnen Komponentenhersteller.

Die Übereinstimmungserklärung im baulichen Brandschutz

Die Brandschutznorm und die Brandschutzrichtlinien der Vereinigung kantonaler Feuerversicherungen (VKF) sind durch die Aufnahme in die kantonalen Baugesetze seit Längerem gesetzliche Vorschriften (https://www.bsvonline.ch/de/vorschriften).

Die Übereinstimmungserklärung ist in der Richtlinie 11.15-de «Qualitätssicherung im Brandschutz» definiert. Mit ihr bescheinigt der QS-Verantwortliche Brandschutz, dass alle Qualitätssicherungsmassnahmen ordnungsgemäss umgesetzt sind (Ziff. 4.1.3 e). Je nach Projekt ist dies der Gesamtleiter/Architekt oder ein zertifizierter Experte. Weder Unternehmer noch Fachplaner stellen eigene Übereinstimmungserklärungen aus, sondern liefern nur die erforderlichen Unterlagen aus ihrem Leistungsbereich (Ziff. 4.1.4 f und 4.1.6 c).

Ein Anhang zur Richtlinie hat diesbezüglich für eine gewisse Verunsicherung gesorgt. Dies wurde jedoch per 1.1.2019 korrigiert. Die Rechtslage ist heute klar. 

Risiken und Nebenwirkungen: Wer «B» sagt, muss auch «A» sagen

Wer eine Konformitätserklärung ausstellt, muss dafür geradestehen, dass sein Produkt die vorgeschriebenen Prozesse auch wirklich durchlaufen hat und dass die vorgeschriebene Dokumentation vorhanden ist. Für Anlagen, welche unter die Maschinenrichtlinie fallen, sind neben der Konformitätserklärung die Technischen Unterlagen gemäss Anhang VII der MRL zu erstellen. Dazu gehören z.B. Zeichnungen und insbesondere eine Risikobeurteilung mit Angabe der Gefährdungen, der Massnahmen und der Restrisiken der gesamten Anlage. Wer das schon einmal gemacht hat, weiss dass dies spezifisches Konstruktionsknowhow erfordert und eine teure Angelegenheit werden kann. In vielen Fällen braucht es zusätzlich detaillierte technische Informationen der Komponentenlieferanten, welche diesbezüglich in aller Regel und verständlicherweise nicht sehr freigiebig sind.

Fehlen diese Unterlagen, kann dies bei einer Kontrolle oder erst recht bei einem Unfall Administrativmassnahmen der Marktaufsichtsbehörde (z.B. der Suva) oder sogar Strafverfahren auslösen. 

Stellt ein Unternehmer eine Übereinstimmungserklärung Brandschutz aus, übernimmt er eine Aufgabe aus dem Planungsbereich. Dazu fehlen ihm sicher das Geld, wahrscheinlich aber auch die Informationen und das Knowhow. Je nach Konstellation entstehen ihm dadurch zusätzliche und allenfalls gravierende Haftungsrisiken. 

Fazit

Die beiden Erklärungen sind schnell erstellt und man könnte versucht sein, den Wünschen eines Bestellers nachzugeben, auch wenn dafür keine Verpflichtung besteht. Davon ist allen Beteiligten abzuraten.

Unternehmer sollten in Bauprojekten Konformitätserklärungen für ihre Anlagen nur dann ausstellen, wenn der oben dargestellte Prüfprozess klar ergibt, dass beim Zusammenbau verschiedener Komponenten ein sicherheitstechnischer Zusammenhang vorliegt. 

Die Übereinstimmungserklärung Brandschutz sollte unter Hinweis auf die erwähnte Brandschutzrichtlinie grundsätzlich dem QS-Verantwortlichen Brandschutz überlassen werden. 

Falls der Besteller auf einer spezifischen Erklärung besteht, kann ihm selbstverständlich die Bestätigung abgegeben werden, dass die Vorschriften eingehalten sind. Das Dokument sollte jedoch nicht als «Konformitätserklärung» oder «Übereinstimmungserklärung» bezeichnet werden.

Wenn Sie weitere Informationen benötigen oder Unterstützung in einem konkreten Fall brauchen, können wir Sie effizient, rasch und praxisgerecht unterstützen. 

epartners Rechtsanwälte AG