e:2.21 Elektronische Signaturen
Ist für den Abschluss eines Vertrages die schriftliche Form vorausgesetzt oder vereinbart, ist eine eigenhändige Unterschrift erforderlich. Dieser gleichgesetzt ist eine qualifizierte elektronische Signatur. Ist ein Vertrag nicht an die Schriftform gebunden, so können auch Anbieter einfacher elektronischer Signaturen eine valable Alternative darstellen. Wir zeigen in unserem Beitrag auf, was beim Einsatz der qualifizierten elektronischen Signatur und Signaturdienste zu beachten ist und wann ein Einsatz Sinn macht.
Übersicht
Verträge können in der Schweiz grundsätzlich formfrei abgeschlossen werden. Vorausgesetzt ist lediglich der Austausch von übereinstimmenden Willenserklärungen, mit anderen Worten das Vorliegen eines Konsenses. Ein Vertrag kann mithin grundsätzlich auch mündlich, durch Bestätigung einer Offerte oder durch E-Mail-Austausch abgeschlossen werden.
Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt (Art. 11 OR). Dies ist z.B. bei der Abtretung (Schriftlichkeit) oder bei Grundstückgeschäften (öffentliche Beurkundung) der Fall.
Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, schreibt das Gesetz eine eigenhändige Unterschrift vor (Art. 14 Abs. 1 OR). Die Erfüllung des Schriftlichkeitserfordernisses bedingt demnach ein Dokument auf Papier mit einer physischen, handschriftlichen Unterschrift. In der Konsequenz bedeutet dies, dass Unterschriften, welche nicht auf Papier angebracht werden, auch wenn Sie eigenhändig eingefügt werden – z.B. mittels eines Stifts auf einem Tablet – die gesetzlich vorgesehene Schriftform nicht erfüllen.
Gleiches gilt, wenn ein Vertrag für Änderungen oder Ergänzungen die Schriftform oder AGB den Abschluss eines schriftlichen Vertrages vorsehen. Auch in diesem Fall ist für die Erfüllung des (hier vertraglich vorgesehenen) Formvorbehalts eine eigenhändige Unterschrift notwendig. Auch hier genügt die Unterschrift auf dem Tablet nicht. Den Parteien steht es jedoch frei, vertraglich zu vereinbaren, dass z.B. auf dem Tablet unterzeichnete Dokumente oder E-Mails den vereinbarten Formvorbehalt ebenfalls erfüllen.
Eine Nachbildung der eigenhändigen Schrift auf mechanischem Wege (sog. «faksimilierte» Unterschrift, wozu auch das Abdrucken einer Unterschrift gehört) wird nur da als dem Schriftformerfordernis genügend anerkannt, wo deren Gebrauch im Verkehr üblich ist (Art. 14 Abs. 2 OR). Anwendungsfälle sind Wertpapiere, die in grosser Zahl ausgegeben werden (z.B. Anleihensobligationen, Pfandbriefe und Aktien) oder Versicherungspolicen. Steht Verkehrsüblichkeit nicht fest, ist die Verwendung einer faksimilierten Unterschrift mit dem Risiko verbunden, dass ein Gericht zum Schluss kommt, deren Gebrauch sei im Verkehr nicht üblich, womit das Erfordernis der Schriftlichkeit nicht erfüllt ist.
Ein Scan oder eine Kopie eines eigenhändig unterzeichneten Dokuments erfüllt das Schriftlichkeitserfordernis. Dabei ist jedoch daran zu denken, dass im Falle eines Scans oder einer Kopie des Dokuments die Echtheit der Unterschrift nicht bewiesen werden kann – dazu ist immer das Original nötig. Dem Vorwurf einer gefälschten Unterschrift kann daher nicht begegnet werden, wenn nur ein Scan oder eine Kopie des unterzeichneten Dokuments vorliegt.
Qualifizierte elektronische Signatur
Der Begriff «elektronische Signatur» bezeichnet ein technisches Verfahren zur Überprüfung der Echtheit eines Dokuments, einer elektronischen Nachricht oder anderer elektronischer Daten sowie der Identität des Unterzeichnenden, welche mittels kryptographischer Verfahren sichergestellt wird.
Gemäss dem Bundesgesetz über Zertifizierungsdienste im Bereich der elektronischen Signatur und anderer Anwendungen digitaler Zertifikate (ZertES) gibt es vier unterschiedliche Formen von elektronischen Signaturen (Art. 2 ZertES):
- die «einfache» elektronische Signatur;
- die fortgeschrittene elektronische Signatur (FES);
- die geregelte elektronische Signatur; und
- die qualifizierte elektronische Signatur (QES).
Diese unterschiedlichen Formen der elektronischen Signatur führen in der Praxis zu Unsicherheiten. Der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt ist nur die mit einem qualifizierten Zeitstempel verbundene qualifizierte elektronische Signatur (Art. 14 Abs. 2bis OR). Mit anderen Worten: Ein mit einer qualifizierten elektronischen Unterschrift versehenes Dokument gilt als schriftlich im Sinne des OR.
Die qualifizierte elektronische Signatur stützt sich auf die Technik der asymmetrischen Verschlüsselung. Dieses auch als Public-Key-Encryption bezeichnete Verschlüsselungsverfahren nutzt einen öffentlichen und einen privaten (geheimen) Schlüssel. Der öffentliche Schlüssel ist für jedermann einsehbar, während der private Schlüssel nur dem Inhaber des Schlüsselpaars bekannt ist. Mit dem privaten Schlüssel wird die elektronische Signatur erzeugt, deren Authentizität mit dem öffentlichen Schlüssel überprüft wird.
Die Adressatin eines mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen Dokuments hat damit Gewähr, dass das Dokument vom Absender ausgestellt wurde und echt ist (Authentizität). Zudem belegt das Siegel, dass der eigentliche Inhalt nicht verändert wurde (Integrität). Mit anderen Worten wird mit der elektronischen Signatur wird das Dokument (PDF) digital so verändert, dass die signierende Person identifiziert und eine nachträgliche Änderung des Dokuments einfach erkannt werden kann.
Die qualifizierte elektronische Signatur muss von einem anerkannten Anbieter von Zertifizierungsdiensten ausgestellt werden. Derzeit gibt es in der Schweiz vier anerkannte Anbieter: Die Swisscom (Schweiz) AG, QuoVadis Trustlink Schweiz AG, SwissSign AG und das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT).
Die Vorteile der Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur liegen darin, dass Dokumente bequem mit allen mobilen Geräten signiert werden können und nicht ausgedruckt, unterzeichnet und wieder eingescannt werden müssen. Trotz dieser Vorteile hat sich die qualifizierte elektronische Signatur in der Praxis bislang nicht durchsetzen können, was nicht zuletzt mit dem bisweilen schwerfälligen Registrierungsprozess zusammenhängt. Hier sind jedoch Fortschritte erkennbar. So kooperieren etwas die Signaturanbieter DocuSign und Skribble seit kürzerem mit Swisscom, was es ihren Kunden ermöglicht, zu einem etwas höheren Preis pro Unterschrift ebenfalls die qualifizierte elektronische Signatur einzusetzen.
Beim Einsatz der qualifizierten elektronischen Signatur ist schliesslich zu bedenken, dass verschiedene Länder verschiedene Anforderungen bzw. Akkreditierungsverfahren kennen – dies kann im Einzelfall etwa dazu führen, dass Eingaben an Behörden als nicht korrekt unterzeichnet gelten können, auch wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach Schweizer Recht versehen wurden, wie dies im Fall Stadler Rail/–BB der Fall war, der vor einigen Monaten publik wurde. Bei grenzüberschreitenden Geschäften, welche an die Schriftform gebunden sind, ist daher zu prüfen, welchen Anforderungen die elektronische Signatur entsprechen muss.
Einsatz von Signaturanbietern
Für Verträge, die nicht schriftlich abgeschlossen werden müssen, stellen auch Anbieter einfacher oder fortgeschrittener elektronischer Signaturen (wie z.B. DocuSign, Adobe Sign, PandaDoc oder Skribble) eine valable Alternative zur eigenhändigen Unterschrift und zur qualifizierten elektronischen Signatur dar. Bieten diese Dienste auch die qualifizierte elektronische Signatur an (siehe oben), kann der Nutzer zudem im Einzelfall entscheiden, welche Form der elektronischen Signatur er wählen möchte. Entscheidet sich der Nutzer gegen die qualifizierte elektronische Signatur oder bietet der Anbieter diese nicht an, führt dies zwar nicht dazu, dass der Vertrag als schriftlich abgeschlossen gilt; die Signaturanbieter gewährleisten aber die Identifikation der unterzeichnenden Personen und die Unveränderbarkeit der Vertragsversion, welche von den Vertragsparteien akzeptiert wurde. Die von solchen Anbietern zertifizierten Vertragsurkunden sind digitale Beweismittel und können in einem Gerichtsverfahren verwendet werden.
Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass im Falle von Zahlungsverzug des Schuldners mit einem solchen Dokument bei einer durch Rechtsvorschlag blockierten Betreibung nicht der relativ einfache Weg der provisorischen Rechtsöffnung (summarisches Verfahren mit kurzen Fristen und eingeschränkten Beweismöglichkeiten) gewählt werden kann, sondern ein ordentliches Gerichtsverfahren durchlaufen werden muss.
Will man sich die Nutzung solcher Signaturanbieter für die Anpassung von Verträgen offenhalten – ob schriftlich oder anderweitig abgeschlossen –, so ist daran zu denken, dies auch im Vertrag festzuhalten. Anstelle des Schriftlichkeitsvorbehaltes, der Eigenhändigkeit der Unterschrift erfordert, muss vereinbart werden, dass der Vertrag auch ohne eigenhändige Unterschrift, aber unter Nutzung derartiger Signaturanbieter angepasst werden kann. Dies bietet dann immer noch eine Abwehrlinie gegen eine «zufällige» Anpassung des Vertrags durch Übung oder E-Mail-Verkehr.
Fazit
Bedarf ein Vertrag aufgrund seines Inhalts der Schriftlichkeit, so führt kein Weg an der eigenhändigen Unterschrift oder einer qualifizierten elektronischen Signatur vorbei. Ist der Vertrag jedoch nicht an eine Form gebunden, so können Signaturanbieter, deren Plattformen zwar keine qualifizierte elektronische Signatur ermöglichen, gleichwohl aber die Identifikation der unterzeichnenden Personen und des vereinbarten Vertragsinhalts ermöglichen, eine valable Alternative darstellen.
Gerne beraten wir Sie im Hinblick auf die Einholung einer qualifizierten elektronischen Signatur oder den Einsatz von Signaturdiensten, die eine elektronische Signatur ermöglichen.