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e:1.21 Wettbewerbsabreden – Kartellrechtliche Dos and Don`ts

Unternehmen werden von der Weko für Wettbewerbsabreden mit hohen Bussen bestraft. Dass Preisabreden und die Verhinderung von Parallelimporten unzulässig sind, ist mehrheitlich bekannt. Was aber heisst das konkret und was gilt bei Preisempfehlungen, Exklusivitäten oder Konkurrenzverboten? Dieser Beitrag gibt eine Übersicht über die wichtigsten Regeln.

Horizontale und vertikale Wettbewerbsabreden

Das Kartellgesetz verbietet unter anderem Wettbewerbsabreden, die den Markt für bestimmte Waren oder Leistungen erheblich beeinträchtigen oder beseitigen. Bei einem Verstoss drohen hohe Bussen – die Bussen können bis zu 10% des Umsatzes betragen, der in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz auf dem relevanten Markt erzielt wurde. Ausserdem sind kartellrechtswidrige Vertragsklauseln zivilrechtlich nichtig und damit nicht durchsetzbar. 

Wettbewerbsabreden sind Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken. Es braucht mithin lediglich eine Verhaltenskoordination zwischen zwei Unternehmen, wobei die Form dieser Koordination irrelevant ist. Eine Abrede kann nicht nur in einem schriftlichen Vertrag, sondern auch durch eine heimlich getroffene, mündliche Abmachung oder ein Gentlemen's Agreement (stiller Konsens) zustande kommen. Auch ein reiner Informationsaustausch zwischen Konkurrenten kann nach der Praxis der Behörden eine Abrede darstellen (insb. über strategische Daten wie etwa Preise, Produktionskosten oder Verkaufszahlen).

Es ist ferner zwischen zwei Arten von Abreden zu unterscheiden: Während Abreden zwischen Unternehmen gleicher Marktstufe, d.h. Abreden zwischen (potentiellen) Konkurrenten, horizontale Abreden darstellen, handelt es sich bei Abreden zwischen Unternehmen verschiedener Markstufen, etwa zwischen Anbietern und Händlern, um vertikale Abreden.

Horizontale Abreden sind grundsätzlich heikler als vertikale Abreden. Vertikale Abreden können die volkswirtschaftliche Effizienz einer Produktions- oder Vertriebskette erhöhen. Deshalb sind im vertikalen Verhältnis Abreden bis zu einem Marktanteil der beteiligten Unternehmen (je einzeln) auf dem relevanten Markt von 30% grundsätzlich unproblematisch, wobei es dabei gewisse Ausnahmen zu beachten gilt, auf die im Folgenden näher eingegangen wird. 

Preisabreden

Abreden über die direkte oder indirekte Festsetzung von Preisen zwischen aktuellen oder potentiellen Konkurrenten (horizontale Abrede) beseitigen vermutungsweise den Wettbewerb. Diese sind nur zulässig, wenn sie durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt sind. Eine solche Rechtfertigung im Einzelfall lässt sich nur schwer erbringen und ist deshalb mit einem erheblichen Risiko verbunden. 

Beispiele für (vermutungsweise) unzulässige horizontale Preisabreden sind:

  • Abreden über Verkaufspreise;
  • Abreden über direkte oder indirekte Preiselemente, wie z.B. Rabatte, Einkaufspreise oder Margenvorgaben;
  • Preisempfehlungen, die weitestgehend eingehalten werden;
  • Austausch preisrelevanter Informationen, z.B. über Preise, Kapazitätsauslastung, Absatz.

Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird im Zusammenhang mit Mindest- oder Festpreisabreden aber auch im vertikalen Verhältnis vermutet. Vermutungsweise unzulässig sind deshalb die folgenden Verhaltensweisen:

  • Abreden über (Mindest-)Wiederverkaufspreise oder eines Bestandteils davon (Z.B. Rabatte) eines Händlers;
  • Preisempfehlungen des Anbieters an den Händler, die sich infolge der Ausübung von Druck oder der Gewährung von Anreizen wie Fest- oder Mindestpreise auswirken.

Vertikal sind von der Vermutung der Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs gesetzlich nur Mindest- oder Festpreisabsprachen betroffen (nicht jedoch Höchstpreisabreden). Folgende Verhaltensweisen sind vertikal zulässig (vorausgesetzt, der Marktanteil der Beteiligten liegt unter 30%):

  • Preisempfehlungen des Anbieters an den Händler, die nicht mit Druck oder Anreizen verbunden sind;
  • Höchstpreisabreden (sofern sie sich aufgrund von Anreizen oder Druck nicht wie Mindest- oder Festpreise auswirken);
  • Meistbegünstigungsklauseln zulasten des Herstellers.

Gebiets- und Kundenaufteilungen

Auch Abreden über die Aufteilung von Märkten nach Gebieten oder Geschäftspartnern im horizontalen Verhältnis beseitigen vermutungsweise den Wettbewerb. Die gegenseitige Zuweisung von Gebieten oder Kunden (z.B. Submissionskartelle) sowie Konkurrenzverbote zwischen Konkurrenten sind deshalb unzulässig. Davon gibt es einige wenige Ausnahmen, so etwa im Falle des Verkaufs eines Unternehmens. Dort können Konkurrenzverbote zulasten des Verkäufers eines Unternehmens von bis zu drei Jahren zulässig sein.

Im vertikalen Verhältnis ist zwischen aktiven und passiven Verkäufen zu unterscheiden: Bei aktiven Verkäufen geht der Händler Kunden oder Kundengruppen in einem fremden Gebiet aktiv an; bei passiven Verkäufen erfüllt der Händler unaufgeforderte Bestellungen einzelner Kunden aus einem fremden Vertragsgebiet. Passive Verkaufsverbote haben im Wesentlichen zum Ziel, Parallelimporte zu verhindern.

Passive Verkäufe müssen immer erlaubt sein. Unzulässige Verbote passiver Verkäufe liegen u.a. vor, wenn:

  • dem Händler ein Gebiet (z.B. Schweiz) zugewiesen und es ihm verboten wird, für einen Nachfrager aus einem fremden Gebiet (z.B. Deutschland) auf dessen Nachfrage hin tätig zu werden;
  • der Händler verpflichtet ist, Bestellungen von Kunden aus einem fremden Gebiet dem dafür zuständigen Händler weiterzuleiten;
  • Verpflichtungen bestehen oder Massnahmen getroffen werden, die zu einem indirekten Verbot passiver Verkäufe führen, wie der Einsatz von Druck (z.B. Lieferbeschränkungen, Drohungen, den Vertrag zu kündigen etc.) oder Anreizen (z.B. Prämien, Boni oder Rabatte).

Zur Vermeidung von Interpretationsspielraum empfehlen wir, in entsprechenden Vertriebs- oder Lizenzverträgen jeweils ausdrücklich festzuhalten, dass passive Verkäufe erlaubt sind.

Verbote aktiver Verkäufe können ausnahmsweise zulässig sein. Einem Händler dürfen aktive Verkäufe in Gebiete oder an Kundengruppen verboten werden, die sich der Anbieter entweder selbst vorbehalten hat oder einem anderen Händler exklusiv zugewiesen hat. Beabsichtigt der Anbieter, dem Händler ein aktives Verkaufsverbot aufzuerlegen, ist deshalb aus Sicht des Händlers Vorsicht geboten. 

Wird dem Händler verboten, keine mit den Vertragswaren konkurrierenden Waren herzustellen, zu beziehen (bei einem anderen Anbieter), zu verkaufen oder weiterzuverkaufen (Konkurrenzverbote und Alleinbezugspflichten) ist zu differenzieren. Solche Verbote sind zulässig, wenn:

  • der Marktanteil der beteiligten Unternehmen 15% nicht übersteigt; oder
  • die Dauer des Verbotes (bzw. des Vertrages) auf max. fünf Jahre befristet ist und der Marktanteil der beteiligten Unternehmen 30% nicht übersteigt. Dabei ist es zulässig, dass der Vertrag nach Ablauf der ersten Vertragslaufzeit verlängert wird, er darf sich jedoch nicht automatisch verlängern, ansonsten er von den Behörden als unbefristeter Vertrag qualifiziert wird.

Nachvertraglich sind solche Verbote bis zu einem Marktanteil von 15% in der Regel ebenfalls unbedenklich, wird diese Marktanteilsschwelle von einem der beteiligten Unternehmen überschritten, ist das Verbot auf ein Jahr zu befristen bzw. ab 30% Markanteil davon abzusehen.

Fazit

Es ist Unternehmen dringend zu empfehlen, ihre Verträge kartellrechtskonform zu gestalten. Zu beachten ist insbesondere Folgendes: 

  • Horizontale Abreden sind i.d.R. unzulässig;
  • Das Gleiche gilt bei vertikalen Preisabreden sowie bei passiven Verkaufsverboten;
  • Bei Verboten von aktiven Lieferungen in gebietsfremde Gebiete oder an fremde Kundengruppen (Exklusivitäten), Konkurrenzverboten und Alleinbezugspflichten ist die Zulässigkeit im Einzelfall zu prüfen;
  • Kartellrechtswidrige Vertragsklauseln sind nichtig und nicht durchsetzbar;
  • Es drohen hohe Bussen.

Bei der Vertragsgestaltung unterstützen wir Sie effizient, rasch und praxisgerecht. Zudem beraten wir Sie auch im Hinblick auf Marktabgrenzungen zur Ermittlung von Marktanteilen und stehen für Compliance-Schulungen zur Verfügung. 

epartners Rechtsanwälte AG