zurück

e:1.20 AGB SIK

Die AGB SIK sind ausgewogene allgemeine Vertragsbedingungen für die Beschaffung von Informatikleistungen, die bei öffentlichen Beschaffungen standardmässig eingesetzt werden. Sie sind auch für Anbieter grundsätzlich akzeptabel. Dank der revidierten Version 2020 eignen sie sich nun auch für die Beschaffung von Cloud Services.

Anwendungsbereich der AGB SIK

Die Schweizerische Informatikkonferenz (SIK) ist ein Interessenverband von Informatikanwendern aus dem Bereich der öffentlichen Verwaltung. Mitglieder der SIK sind Kantone, Gemeinden, der Bund, das Fürstentum Liechtenstein sowie verwaltungsnahe Betriebe.

Die SIK stellt Allgemeine Geschäftsbedingungen für Leistungen im Bereich der Informationstechnologie und Telekommunikation zur Verfügung (AGB SIK). Diese sollen nach den Vorstellungen der SIK zu fairen Vertragsverhältnissen führen und die Beschaffung solcher Leistungen vereinfachen.

Die AGB SIK werden vor allem durch Verwaltungen und verwaltungsnahe Betriebe auf Kantons- und Gemeindeebene verwendet. Die Bundesverwaltung sowie die Anstalten und Unternehmen des Bundes (z.B. ETH oder SBB) verwenden demgegenüber eigene Einkaufsbedingungen.

Aufbau und Inhalt der AGB SIK

Die AGB SIK bestehen aus einem einzigen Dokument, welches alle Vertragstypen abdeckt; sie sind in Allgemeine Bestimmungen und Besondere Bestimmungen aufgeteilt. Obwohl es sich um Anwenderbedingungen handelt, sind sie insgesamt ausgewogen und orientieren sich an Gesetz und Rechtsprechung.

Wichtige Bestimmungen der AGB SIK sind:

  • die Offerte geht dem Pflichtenheft vor (Ziffer 2);
  • Subunternehmer dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung beigezogen werden (Ziffer 6);
  • die MwSt. ist im Preis inbegriffen (Ziffer 10.3);
  • die Leistungserbringerin (Lieferantin) schuldet bei Verpassen eines entsprechend bezeichneten Termins (Verzug) eine nicht befreiende Konventionalstrafe (Ziffer 15.3);
  • die Gewährleistungsfrist beträgt 1 Jahr und die Mängelrügefrist
    60 Tage, womit die sofortige gesetzliche Rügepflicht der Leistungsbezügerin (Kundin) entfällt (Ziffer 16.4);
  • die Haftung ist auf einen Betrag von CHF 1 Mio. beschränkt; die Haftung für entgangenen Gewinn ist ausgeschlossen (Ziffer 17);
  • die Leistungserbringerin sichert eine Ersatzteilverfügbarkeit von 5 Jahren zu und bietet Wartungs- und Pflegeleistungen während 4 Jahren ab Ablauf der Gewährleistungsfrist an (Ziffer 18);
  • die Datenbearbeitung hat ohne andere Regelung im Vertrag in der Schweiz zu erfolgen (Ziffer 20);
  • die Immaterialgüterrechte an Arbeitsergebnissen und Individualsoftware gehen auf die Leistungsbezügerin über; an Standardsoftware erhält die Leistungsbezügerin ein Nutzungsrecht (Ziffer 24);
  • Wartungs- und Pflegeleistungen sind vorbehältlich einer abweichenden Regelung erst nach Ablauf der Gewährleistungspflicht zu vergüten (Ziffer 27 und 28). Die Leistungsbezügerin muss nicht jeden Releasewechsel mitmachten, die Leistungserbringerin kann jedoch die Pflege alter Releases nach 12 Monaten einstellen (Ziffer 28.4);
  • die Betriebszeiten sind von 8 – 17 Uhr werktags (Ziffer 29).

Änderungen gegenüber der Version 2015

Mit der neuen Fassung der AGB SIK wurde ein Manko behoben; neu eignen sie sich auch für Verträge über IT-Services (Cloud Services). Das hatte zahlreiche Änderungen zur Folge, z.B. wurde eine Regelung in Bezug auf die Verfügbarkeit der Services aufgenommen. Diese muss mindestens 99.8% pro Quartal rund um die Uhr aufweisen (Ziffer 29.5). Bei Zahlungsverzug ist die Leistungserbringerin ausserdem nicht berechtigt, ihre Leistungen einzustellen (Ziffer 15.4). Schliesslich muss die Leistungserbringerin die Leistungsbezügerin bei einer Vertragsbeendigung gegen Vergütung bei der Instruktion der neuen Anbieterin sowie bei der Rückführung und Übertragung der Daten sowie der Hard- und Software unterstützen (Ziffer 19.2).

Eine weitere hervorzuhebende Änderung betrifft die Lizenzbestimmungen der Anbieter von Standardsoftware. Diese müssen neu dem Angebot der Leistungserbringerin beigelegt werden und die Zustimmung zu diesen muss ausdrücklich verlangt werden. Zudem gelten die Lizenzbestimmungen ausschliesslich in Bezug auf die Rechteregelung an der Software. In Bezug auf alle übrigen Punkte bleibt das Vertragsverhältnis zwischen der Leistungserbringerin und der Leistungsbezügerin massgebend. Die Abtretung von Gewährleistungsrechten ist ausgeschlossen (Ziffer 24.4.6). Wird zudem Open Source Software verwendet, ist ausdrücklich daraufhinzuweisen (Ziffer 24.4.7).

Schliesslich wurde Ziffer 13 erweitert (Informationssicherheit, Geheimhaltung und Datenschutz) bzw. wurden die diesbezüglich erhöhten Anforderungen im Nachgang zur neuen Europäischen Datenschutzgrundverordnung nachgeführt.

Verträge auf der Basis der AGB SIK

Die AGB SIK gelangen zur Anwendung, wenn sie im Vertrag als Vertragsbestandteil vereinbart werden. Durch Verweis auf die AGB SIK verfügen die Parteien zwar über ein rechtliches Regelwerk, das entbindet sie jedoch nicht davon, das beabsichtigte Geschäft durch eine umsichtige Vertragsredaktion abzubilden. Gewiss können Verträge auf der Basis der AGB SIK kurz sein, die wesentlichen kommerziellen und technischen Inhalte wie die Leistungsbeschreibung, der Preis oder bei Verträgen über Cloud Services die Kündigungsregelung sollten sich jedoch aus dem Vertrag ergeben. Möchten die Parteien punktuell von den AGB SIK abweichen, ist dies ebenfalls im Vertrag zu regeln. Dieser geht den AGB vor.

Die Vertragsmuster, welche auf der Webseite der SIK ebenfalls zur Verfügung gestellt werden (neu auch für Cloud Services), sind eine gute Ausgangsbasis. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Beschaffungsprojekte fast immer einen individuellen Charakter haben, den es bei der Vertragsredaktion zu erfassen gilt.
Die AGB SIK im Submissionsverfahren

Damit Vergabestellen vergleichbare Angebote erhalten, müssen sie die Verträge und die Vertragsbedingungen in der Ausschreibung vorgeben. Bei Ausschreibungen auf der kantonalen und kommunalen Ebene wird deshalb regelmässig verlangt, dass die AGB SIK akzeptiert werden. Dabei stellt sich die Frage, ob diese Zustimmung als Eignungs- oder als Zuschlagskriterium ausgestaltet ist. Nur im letzteren Fall können Anbieter Vorbehalte anbringen, während das Fehlen der Zustimmung im Fall eines Eignungskriteriums den direkten Ausschluss des Anbieters zur Folge hätte. Dies ergibt unseres Erachtens keinen Sinn. Der Anbieter muss in guten Treuen Vorbehalte anbringen können, ohne dadurch gleich das ganze Regelwerk in Frage zu stellen. 

Wie sind einzelne Kommentare zu den AGB SIK bei der Punktevergabe zu bewerten? Ein schematischer Abzug (z.B. 1 Punkt pro Kommentar) erscheint uns nicht sinnvoll. Vielmehr sollten die Kommentare insgesamt beurteilt werden, z.B. durch Zuordnung in Kategorien wie: (1) die AGB wurden vollständig akzeptiert; (2) die AGB wurden im Wesentlichen akzeptiert; (3) relevante Vorbehalte gegenüber den AGB wurden angebracht; (4) die AGB wurden nicht akzeptiert. Aus Gründen der Transparenz sollte die Vergabestelle die für das Akzeptieren des Vertragswesens maximal vergebene Punktezahl vorgängig bekannt geben. Anbieter können dann abwägen, ob sie einer Risikominimierung durch rechtliche Kommentare oder einem optimalen Angebot den Vorzug geben wollen.

Empfehlungen

Wir erachten die AGB SIK als ausgewogenes Regelwerk für die Beschaffung von Informatikleistungen durch die öffentliche Hand. In der neuen Version 2020 sind die AGB nun auch für die Beschaffung von Cloud Services eine gute Grundlage. 

Vergabestellen empfehlen wir, Beschaffungen auf der Basis der AGB SIK zu tätigen, den Vertrag sorgfältig zu redigieren und in den Ausschreibungsunterlagen bekannt zu geben. Weiter empfehlen wir, Anbieterkommentare zum Vertrag und den AGB SIK zuzulassen, diese jedoch bei der Punktevergabe zu berücksichtigen. 

Anbietern empfehlen wir, die AGB SIK grundsätzlich zu akzeptieren und nur dort Kommentare anzubringen, wo entweder kommerzielle Punkte (z.B. Betriebszeiten oder Verfügbarkeiten) oder wesentliche Risiken betroffen sind.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Gestaltung und Beurteilung von Verträgen auf der Basis der AGB SIK. Für Vergabestellen erstellen wir Kurzgutachten über die Bewertung von Anbieterkommentaren.