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e:1.17 Stolpersteine bei der Durchsetzung von Mängelrechten

Kaufobjekte und Werke weisen oft Mängel auf. Deshalb sieht das Recht die Gewährleistung des Verkäufers bzw. Werkunternehmers vor. Damit der Käufer/Werkbesteller die Beseitigung von Mängeln durchsetzen kann, müssen jedoch die entsprechenden Voraussetzungen und Regeln erfüllt sein resp. beachtet werden.

Definition des Mangels

Ein (Sach-)Mangel liegt vor, wenn der Sache bzw. dem Werk eine vertraglich vereinbarte Eigenschaft fehlt oder die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch eingeschränkt oder aufgehoben ist. In diesem Fall haftet der Verkäufer/Werkunternehmer gemäss den vertraglichen Vereinbarungen oder nach den gesetzlichen Gewährleistungsbestimmungen (Kaufvertrag Art. 197 ff. OR; Werkvertrag Art. 367 ff. OR). 

Mängelrechte beim Kauf- und beim Werkvertrag

Der Käufer hat die Wahl, den Kauf bei einem fehlerhaften Produkt rückgängig zu machen (Wandelung) oder vom Verkäufer zu verlangen, dass er den dadurch bewirkten Minderwert ausgleicht (Minderung). Handelt es sich beim Kaufobjekt um eine vertretbare Sache, kann er den Ersatz der Ware durch eine mangelfreie fordern. Benützt er dagegen ein mangelhaftes Produkt in Kenntnis des Mangels weiter, kann sein Verhalten als Genehmigung verstanden werden und die Wandelung ist i.d.R. nicht mehr möglich. Wichtig ist, dass der Käufer keinen Anspruch auf Behebung des Mangels hat (Reparatur), ausser dies wurde so vereinbart.

Beim Werkvertrag entfällt die Wandelung, wenn das Werk mit dem Grund und Boden verbunden ist. Der Besteller hat aber zusätzlich das Recht, die Nachbesserung zu verlangen. Verursacht die Nachbesserung übermässige Kosten, ist nur die Minderung zulässig. Durch vertragliche Abrede können die Parteien die Mängelrechte ihren Bedürfnissen anpassen. Bei Bauwerken wird z.B. oft vereinbart, dass zuerst nur die Nachbesserung verlangt werden kann (so z.B. die Norm SIA 118).

Bei Verschulden des Verkäufers/Unternehmers kann zudem ein allfälliger Schadenersatz geltend gemacht werden.

Die Rügeobliegenheiten

Damit der Verkäufer/Werkunternehmer Kenntnis vom Mangel erhält, muss ihm dieser mitgeteilt werden. Diese Mitteilungspflicht hat der Gesetzgeber an eine Frist geknüpft, deren Nichteinhaltung gravierende Folgen für den Käufer/Besteller nach sich zieht.

Der Käufer/Besteller hat die Pflicht, die Ware oder das Werk innert angemessener Frist nach der Übergabe zu prüfen. Entdeckte Mängel muss er seinem Vertragspartner sofort mitteilen. Verletzt er diese Rügeobliegenheit, verwirken seine Sachmängelrechte. Nicht offen erkennbare Mängel (sog. versteckte Mängel) sind sofort nach ihrer Entdeckung zu rügen. Sofort bedeutet innert einer Frist von sieben Tagen, die nur ausnahmsweise überschritten werden darf (BGer Urteil 4A_51/2007). 

Die harte Folge der Verwirkung bei einer verspäteten Rüge kann zu stossenden Resultaten führen. Realisiert z.B. ein nicht baukundiger Hauseigentümer nicht, dass ein Mangel gravierende Folgen nach sich zieht, oder rügt er aus anderen Gründen den Mangel nicht sofort, verliert er seine Mängelrechte. Ist die Ursache und damit die Verantwortlichkeit für einen Mangel nicht bekannt, fragt sich, gegenüber wem denn überhaupt zu rügen ist. Diese strengen Regeln zur Rügeobliegenheit dienten ursprünglich der Rechtssicherheit. Zweifelhaft ist, ob sie bei Laien wie Einmalbauherren sachgerecht sind, wenn selbst Fachleute darüber stolpern. So hat das Bundesgericht die Haftung eines Ingenieurs wegen einer fehlerhaften statischen Berechnung abgelehnt, weil der fachkundige Bauherr rund einen Monat nach Kenntnis der Mangelhaftigkeit seine Mängelrüge zu spät vorbrachte.

Diese Regeln können durch die Parteien abgeändert werden. Bei Bauwerken wird oft die Norm SIA 118, Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten, als Vertragsbestandteil vereinbart. Diese sieht vor, dass Mängel während einer zweijährigen Rügefrist seit der Übergabe (Abnahme) jederzeit gerügt werden können. Danach gilt wieder bis zur Verjährung die sofortige Rügeobliegenheit. Dies ist eine sachgerechte Lösung, die es zudem ermöglicht, bei einem Bauwerk kaum zu vermeidende Mängel effizient und kostensparend zu beheben, und gleichzeitig das Risiko des Bestellers vor einer verspäteten Rüge reduziert.

Annahmeverzug

Das Bundesgericht bestätigt in einem neueren Entscheid (BGer 4A_446/2015), dass sich ein Käufer nicht auf die Mängelrechte berufen kann, solange er selbst in Verzug ist. Der Käufer einer Standardsoftware räumte dem Verkäufer das Recht ein, diese nachzubessern. Später verwehrte der Käufer dem Verkäufer den Zugang zu den Geschäftsräumen, so dass dieser die Software nicht nachbessern konnte, und löste dennoch den Kaufvertrag wegen Mängeln auf. Durch die Verhinderung der Reparatur befand sich der Käufer in Verzug und durfte den Vertrag nicht auflösen. Hingegen konnte der Verkäufer seinen Schaden (u.a. Kaufpreis) geltend machen. 

Beweis der Mangelhaftigkeit

Normalerweise muss der Käufer/Werkbesteller den Mangel resp. die Abweichung vom Vertrag beweisen. In vielen Fällen mag dies einfach sein, z.B. wenn ein neues Auto Öl verliert oder das Dach eines neuen Hauses nicht dicht ist. Sind die Eigenschaften ungenau definiert oder handelt es sich z.B. um ästhetische Beeinträchtigungen (z. B. Wolkenbildung im Poolmosaik), können die Ansichten darüber weit auseinandergehen, ob überhaupt ein Mangel vorliegt. Schwierigkeiten kann auch die Feststellung verursachen, wer für einen Mangel verantwortlich ist.

Es ist zulässig, die Beweislast durch Vereinbarung abzuändern. Die erwähnte Norm SIA 118 sieht bspw. während der Rügefrist eine Beweislastumkehr vor. Ist zwischen den Parteien streitig, ob ein Mangel vorliegt, muss der sachkundige Unternehmer beweisen, dass das Werk den vertraglichen Abmachungen entspricht. 

Verjährung und Unterbrechung

Die Ansprüche des Käufers/Bestellers verjähren zwei Jahre nach der Übergabe. Fünf Jahre beträgt die Verjährungsfrist bei unbeweglichen Werken oder wenn die Sache, welche den Mangel verursacht, in ein unbewegliches Werk integriert wurde. Ist die Verjährung eingetreten, können die Mängelrechte nicht mehr gegen den Willen des Verkäufers/Unternehmers durchgesetzt werden. Es ist daher wichtig, den Beginn der Frist (Übergabe) und ihren Ablauf im Auge zu behalten. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens dürfen die Fristen abgeändert werden. Es ist bspw. üblich, die Gewährleistung beim Kauf einer älteren Liegenschaft auszuschliessen. 

Durch Betreibung, Klage oder Anerkennung des Mangels kann die Verjährung unterbrochen werden mit der Folge, dass sie neu zu laufen beginnt. Achtung, die Mängelrüge unterbricht die Verjährung aber nicht!

Behebt hingegen ein Unternehmer einen Mangel aus Kulanz, ohne einen Vorbehalt anzubringen, obwohl er dazu nicht verpflichtet wäre, stellt dies eine Anerkennungshandlung und damit die Übernahme der Verantwortung für den Mangel und seine Reparatur dar. Vorsicht ist auch geboten, wenn der Käufer/Besteller zuerst nur das Recht hat, die Behebung des Mangels (Nachbesserung) zu fordern. Da es sich bei der Nachbesserung nicht um eine Geldforderung handelt, kann die Verjährungsfrist nicht durch eine Betreibung unterbrochen werden. Es kann somit der Fall eintreten, dass zur Unterbrechung der Verjährung eine Klage anzuheben ist. Dabei sind u.a. die prozessualen Zuständigkeitsregeln zu beachten, insbesondere in Kantonen mit einem Handelsgericht (AG, BE, SG, ZH). Spätestens in solchen Fällen empfiehlt sich der Beizug eines Juristen.

Fazit

  • Beim Vertragsabschluss sollte man sich Klarheit über die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Gewährleistung verschaffen (wie Rügeobliegenheit, Verjährungsfrist).
  • Treten (gravierende) Mängel auf, sind die nötigen Massnahmen (Mängelrüge, Ursachenabklärung usw.) unverzüglich vorzunehmen. 
  • Der Verkäufer/Werkunternehmer sollte als erstes abklären, ob eine Mängelhaftung besteht (sachgerechte Nutzung, eingehaltene Rügefrist, Verjährung usw.).
  • Bei drohendem Verjährungseintritt oder komplexen Verhältnissen empfiehlt sich der Beizug eines Juristen

Wir unterstützen Bauherren und Unternehmer regelmässig und praxisnah im Zusammenhang mit Fragen und Konflikten zur Gewährleistung unter Einschluss der Vertragsgestaltung.