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Bauhandwerkerpfandrecht – Gesetzesänderung per 1. Januar 2012

Mit der Revision des ZGB von Dezember 2009 erfolgten auch Änderungen beim Bauhandwerkerpfandrecht. Der Beitrag verschafft einen Überblick über die wichtigsten Änderungen, die per 1. Januar 2012 in Kraft getreten sind.

Im Dezember 2009 hat das Parlament die Revision des ZGB verabschiedet. Betroffen sind auch Änderungen beim Bauhandwerkerpfandrecht, welche sowohl für den Unternehmer als auch für den Grundeigentümer relevant sind. Die neuen Bestimmungen sind am 1. Januar 2012 in Kraft getreten. 

Die wichtigsten Änderungen im Überblick: 

  • Ausweitung der vom Pfandrechtsanspruch umfassten Arbeiten
  • Ausweitung des Kreises der Besteller
  • Verlängerung der Eintragungsfrist auf 4 Monate
  • Haftung nach den Regeln der einfachen Bürgschaft der Eigentümer von Grundstücken im öffentlichen Verwaltungsvermögen

Gegenüber dem bisherigen Recht bewirken die Änderungen eine Besserstellung des Unternehmers. Das Recht des Subunternehmers auf Eintragung eines Pfandrechts blieb bestehen und damit auch das Doppelzahlungsrisiko des Grundeigentümers. Letzterem ist mit entsprechenden Regeln im Kauf- bzw. Werkvertrag zu begegnen. 

Vom Pfandrechtsanspruch umfasste Arbeiten 

In der neuen Fassung sind neben Bauten oder anderen Werken, die in den Genuss des Pfandrechtsanspruchs kommen, namentlich erwähnt: 

  • Abbrucharbeiten
  • Gerüstbauarbeiten
  • Baugrubensicherungsarbeiten

Die Formulierung oder dergleichen macht klar, dass die Aufzählung nicht abschliessend ist. Neu entfällt die Voraussetzung, dass das Werk dauernd mit dem Grundstück verbunden sein muss. 

Die Abbrucharbeiten kamen bisher nicht in den Genuss des Pfandrechtsanspruchs. Dass sie neu zum Eintrag eines Bauhandwerkerpfandrechts berechtigen, halte ich für richtig. Die Abbrucharbeiten partizipieren zwar nicht direkt an der Wertvermehrung des Grundstücks, sie tun dies aber regelmässig indirekt, indem sie für die geplante Nutzungsänderung überbauter Parzellen eine Voraussetzung darstellen. Aufgrund der hohen Baudichte in den Ballungszentren werden die Abbrucharbeiten weiter an Bedeutung gewinnen. 

Beim Gerüstbau stellt die neue Fassung ebenfalls eine begrüssenswerte Ausweitung dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts konnte der Gerüstbauer bisher kein Bauhandwerkerpfandrecht eintragen lassen, wenn das Gerüst nicht speziell für den betreffenden Bau hergestellt war. 

Kreis der möglichen Besteller 

Die neue Fassung dehnt den Kreis der möglichen Besteller einer Werkleistung auf den Mieter, Pächter od. andere an einem Grundstück berechtigte Person (z.B. den Nutzniesser) aus. Bereits nach altem Recht bestand ein Pfandrechtsanspruch bei Mieterausbauten, sofern der Grundeigentümer den vom Mieter bestellten Arbeiten zugestimmt hat und diese dauerhaft mit dem Grundstück verbunden waren (Akzessionsprinzip) und eine objektive Wertvermehrung darstellten. 

Das Erfordernis der Zustimmung des Grundeigentümers bei Mieterbauten bleibt unverändert. Die Beweislast hierfür trägt der Unternehmer. Hingegen entfallen die Kriterien der objektiven Wertvermehrung und der Akzession. 

Ausdehnung der Eintragungsfrist auf 4 Monate 

Das Bauhandwerkerpfandrecht kann wie bis anhin ab Vertragsschluss (Zeitpunkt der Verpflichtung zur Arbeitsleistung) im Grundbuch eingetragen werden. Neu wurde die Frist zur Eintragung nach Vollendung der Arbeiten von 3 auf 4 Monate verlängert. Es handelt sich dabei um eine Verwirkungsfrist, die nicht wiederherstellbar ist. 

Aufgrund meiner praktischen Erfahrung dürfte die Fristverlängerung um 1 Monat in den zeitkritischen Fällen keine wesentliche Verbesserung der Situation des Unternehmers darstellen. Denn oft warten Unternehmer (zu) lange, bis sie sich zur Absicherung ihrer Forderungen mittels Bauhandwerkerpfandrecht entschliessen (Kosten, langwieriger Prozessweg, Konfliktvermeidung usw.). 

Neu: Absicherung auch bei Grundstücken im öffentlichen Verwaltungsvermögen 

Auf einem Grundstück, welches zum Verwaltungsvermögen gehört, konnte und kann auch unter dem neuen Recht kein Pfandrecht eingetragen werden. Wurde z.B. der Hauptunternehmer zahlungsunfähig, konnte der Unternehmer seine berechtigten Ansprüche nicht beim Gemeinwesen einfordern, da er mit diesem keinen Vertrag hatte. Dass keine Haftung des Gemeinwesens bestand, war insbesondere unbefriedigend, da die öffentliche Hand ein enorm wichtiger Auftraggeber von Bauleistungen ist. 

Seit dem 1.01.2012 haftet der öffentlich-rechtliche Grundeigentümer nach den Regeln der einfachen Bürgschaft, wenn sich das Grundstück im Anlagevermögen befindet (Art. 839 Abs. 4 ZGB). Ist unklar, ob das Grundstück zum Finanz- oder Anlagevermögen gehört, ist der Unternehmer zur provisorischen Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts berechtigt. Stellt sich später die Zugehörigkeit zum Verwaltungsvermögen heraus, tritt die einfache Bürgschaft an die Stelle des provisorisch eingetragenen Pfandrechts. 

Haftung der einfachen Bürgschaft 

Das Gemeinwesen haftet subsidiär, das heisst, erst wenn die berechtigte Forderung des Subunternehmers vom Besteller nicht befriedigt wurde. Nach dem Gesetz muss die Forderung anerkannt oder gerichtlich festgestellt sein. Der einfache Bürge kann somit zur Zahlung verpflichtet werden, wenn der Besteller in Konkurs geraten ist, die Nachlassstundung erhalten hat oder dem Gläubiger ein definitiver Verlustschein ausgestellt wurde. 

4-Monatsfrist 

Auch bei der einfachen Bürgschaft gilt die 4-Monatsfrist (Verwirkungsfrist). Der Unternehmer muss innert 4 Monaten seit Arbeitsvollendung die Forderung schriftlich geltend machen. Dabei ist folgendes zu beachten: 

  • 4-Monatsfrist seit Arbeitsvollendung
  • Schriftliche Geltendmachung mit ausdrücklichem Hin[1]weis auf die gesetzliche Bürgschaft (Art. 839 Abs. 4 ZGB)
  • Bezifferung der Forderung, inkl. Zinssatz und Beginn Zinsenlauf

Es genügt ein Brief an den Grundeigentümer (einfache Schriftlichkeit). Der Unternehmer trägt die Beweislast dafür, dass seine Erklärung rechtzeitig vom Grundeigentümer zur Kenntnis genommen wurde. Analog zur Eintragungsfrist des Pfandrechts im Grundbuch ist die Frist gewahrt, wenn die Kenntnisnahme innert der 4-Montsfrist erfolgte. Die Erklärung ist daher frühzeitig − unter Beachtung der Zustellzeit − per eingeschriebenen Brief dem Grundeigentümer zuzustellen. 

Übergangsregelung – Wann gilt das neue Recht? 

Das Übergangsrecht (intertemporales Recht) regelt, in welchen Fällen das neue oder das alte Recht in der Übergangszeit auf bestehende Verträge zur Anwendung kommt. 

Das neue Recht gilt, falls die Änderungen gegenüber dem alten Recht echte Neuerungen darstellen und diesem keine Ansprüche der Gegenpartei entgegenstehen, welche im alten Recht gründen (Art. 4 SchlT ZGB). Vereinfacht heisst das, dass bei echten Neuerungen das neue Recht rückwirkend zur Anwendung gelangt, dies sind: 

  • Erweiterungen der pfandberechtigten Abreiten und des Kreises der Besteller
  • Haftung des Eigentümers von Grundstücken im öffentlichen Verwaltungsvermögen

Ob der Vertrag vor dem 1.01.2012 abgeschlossen resp. die Bauarbeiten vor diesem Datum vollendet wurden, ist nicht wesentlich. Wichtig ist jedoch, ob die Verwirkungsfirst zum Zeitpunkt des Inkrafttretens abgelaufen war. 

Beispiel: Ist die 3-Monatsfrist vor dem 31.12.2011 abgelaufen, ist die Verwirkung eingetreten und die 4-Monatsfrist des neuen Rechts hat keine Gültigkeit. Ist die 3-Monatsfrist am 31.12.2011 noch nicht abgelaufen (Bsp. Arbeitsvollendung am 15.10.2011). gilt die neue Frist von 4 Monaten. 

Was ist zu beachten bei der (prov.) Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts? 

  • Einhaltung der 4-Monatsfrist ab Arbeitsvollendung.
  • Die provisorische Eintragung im Grundbuch muss innert der Frist erfolgt sein.
  • Bauarbeiten sind vollendet, wenn alle Leistungen des Werkvertrags ausgeführt sind. Geringfügige, nebensächliche oder der Verbesserung dienende Abreiten sind keine Vollendungsarbeiten. Funktionell notwendige Arbeiten (auch geringfügige) sind immer Vollendungsarbeiten.
  • Befindet sich ein Grundstück im Verwaltungsvermögen der öffentlichen Hand, haftet das Gemeinwesen nach den Regeln der einfachen Bürgschaft.
  • Ein vorzeitiger Verzicht des Unternehmers auf die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts ist nach wie vor ungültig.